Matthias Joppek
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22. März 2024
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Aktendigitalisierung

Ist gescannte Behandlungsdokumentation in einer juristischen Auseinandersetzung rechtlich zulässig, wenn das Original als Papier vernichtet wird?

Disclaimer

Dieser Artikel ist nicht mit einer Rechtsberatung gleichzusetzen und ersetzt solche nicht. Die Angaben beziehen sich auf Internetrecherchen und eigene Rechtsberatung. Individuellen wird eine gesonderte Rechtsberatung empfohlen.

Aktendigitalisierung
Aktendigitalisierung – (Bild 21027487_MotionElements)

Digitalisierung

Die Digitalisierung von Papierdokumenten, insbesondere im medizinischen Bereich, wirft wichtige Fragen im Hinblick auf ihre rechtliche Verbindlichkeit und Beweiskraft auf. Gemäß der Zivilprozessordnung (ZPO) besitzt ein unterschriebenes Originaldokument den Status einer Privaturkunde (§ 415 ZPO). Dies bedeutet, dass es als Beweismittel den vollen Beweiswert für die darin enthaltenen Erklärungen des Ausstellers, in diesem Fall des Patienten, besitzt.

Gesetze zur Aktenaufbewahrung

Gerade in den Krankenhäusern, bei denen Aufbewahrungsfristen bei z. B. ärztlichen Unterlagen 10 Jahre oder bei Röntgen-/Strahlendokumentation 30 Jahre betragen, wird es vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung richtig spannend. (Aufbewahrungsfristen siehe: § 10 BO der ÄKWL – § 57 BMV-Ä – § 630f BGB).

Laut dem § 630f BGB „Dokumentation der Behandlung“ – ist eine elektronische Form von Behandlungsdokumentation zulässig, doch nur unter dem Aspekt, dass bei einer Berichtigung der ursprüngliche Inhalt und der Zeitpunkt der Berichtigung deutlich voneinander getrennt erkennbar sind. Dieses gilt im Übrigen auch für die papiergeführte Behandlungsdokumentation. Somit soll eine Verfälschung der Tatsachen ausgeschlossen sein.

Digitalisierungsprozess

Das DRG-System und Abrechnungsprüfungen haben die Krankenhaussoftwarelandschaft transformiert. Softwarelösungen bieten Einlesen von Dokumenten, Datenspeicherung, Dokumentenabholung bis hin zu OCR-Texterkennung. Papierakten werden im Prozess der Behandlung bereits eingelesen und als digitalisierte Daten für Abrechnung, Qualitätssicherung oder gerichtliche Auseinandersetzungen genutzt. Dabei sind die Originale meistens nicht mehr existent und werden nach Scann-Vorgang vernichtet. Parallel dazu bieten Krankenhausinformationssysteme (KIS) elektronische Formulare und digitale Signaturmöglichkeiten. Diese Methoden, angelehnt an gesetzliche Vorgaben z. B. § 371a ZPO und § 630f BGB, sind weit verbreitet und täglich im Einsatz.

Beweiskraft digitaler Daten

Durch die Digitalisierung verliert das Dokument diese formale Eigenschaft. Ein eingescanntes Dokument hat einen geringeren Beweiswert, da im Scanprozess diverse Fehlerquellen existieren, die die Authentizität und Integrität des Dokuments in Frage stellen könnten. Das öffnet die Tür für Einwände seitens der Patienten, die Im Fall einer Unstimmigkeit in der Behandlung, die Relevanz der enthaltenen Daten in Frage stellen könnten. Bei einem originalen, physisch unterschriebenen Dokument wäre ein Einwand dagegen faktisch ausgeschlossen.

Gemäß § 371a ZPO erhält ein elektronisches Dokument nur dann den Status einer Privaturkunde mit voller Beweiskraft, wenn es elektronisch erstellt und mit einer qualifizierten Signatur versehen wurde. Das nachträgliche Signieren eines Scans kann diese Wirkung nicht erzielen. Ein elektronisch unterschriebener Aufklärungsbogen (z. B. auf einem Tablet) besitzt daher keinen vollen Beweiswert.

Ein aus der Papierform eingelesenes Dokument könnte beweisrechtliche Nachteile haben, da analog erstellte und eingescannte Daten weniger Beweiswert gegenüber den Originalen besitzen. Ein Patient könnte z. B. Einwände erheben und Datenunechtheit oder Fälschung unterstellen.  Diese Unterstellungen könnten allerdings durch Gerichte entkräftet werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Prozess des Einlesens wenig bis keinen Raum für Manipulationen bietet. Zusätzlich könnte ebenfalls die Sicherheit des Einscannens und Archivierens (Ablageort) von entscheidender Bedeutung sein z. B., wenn der Prozess durch Verfahrensanweisungen als fester Bestandteil der Organisation definiert ist. Werden also die Dokumente z. B. direkt ins KIS übertragen, ohne dass in der Zwischenablage eine Manipulation ausgeschlossen ist, könnte die angefertigte digitale Kopie an Beweiskraft gewinnen.

Gleiche Bedeutung wird der Qualität der Ablichtung beigemessen. Wenn in einem Scanner die Sensorfläche verunreinigt ist und die Dokumente dadurch unleserlich werden, entkräftet dieser Zustand die Beweiskraft.

Fazit

Wichtig ist in jedem Fall, dass sowohl das Einscannen der Originaldokumente bzw. die Erfassung der elektronischen Unterschrift und deren Archivierung revisions- bzw. manipulationssicher erfolgen.

Gerichte werden weiterhin eingescannte Dokumente im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigen, jedoch mit einem gewissen Vorbehalt bezüglich ihrer Beweiskraft. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Digitalisierung von Dokumenten unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und gemäß den rechtlichen Anforderungen erfolgt, um mögliche rechtliche Herausforderungen zu minimieren.

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